Umstrittenes Thema: Grundeigentum und gerechte Verteilung vor 500 Jahren

Große Norddeutsche – von Thomas Friese, Oldenburg über Johann Schulte aus Lathen (Emsland) – Rebell im Kampf gegen die Willkür des Adels (um 1530 bis 1584). Norddeutsche Standhaftigkeit als Tugend im Kampf um Eigentumsrechte.

Manche Menschen tauchen nur kurz aus dem Dunkel der Vergangenheit aus; leuchten wie ein Komet und verschwinden dann wieder. Die heldenhafte Tat des Bauern Johann Schulte aus Lathen fand bis heute keinen Widerhall,, obwohl er durch sein rebellisches Verhalten große Aufmerksamkeit in Norddeutschland erreichte: Als Norddeutscher, der stur und verbissen sein Ziel verfolgte und seinen Peinigern, den grundbesitzenden Junkern als Immobilieneigentümer, ein entschlossenes Nein entgegenschleuderte. Mit seinem “Nein” schaffte er es, dem Abt von Corvey (Benediktinerkloster Corvey in Höxter, Nordrhein-Westfalen, seit 2014 Weltkulturerbe der UNESCO) sowie emsländischen Beamten und Edelleuten über Jahre hinweg einen Gerichtsbeschluss zu verweigern, zu dem man ihn zwingen wollte. Grundeigentum, dessen gerechte Verteilung und Bewirtschaftung waren also schon vor 500 Jahren ein gesellschaftlich umstrittenes Thema. Umso erstaunlicher war der Kampf des eigentlichen privilegierten Bauern, der zugleich den Schultenhof in Lathen innehatte, und so vor Ort Vertreter des Grundherrn war.

Kampf um Eigentumsrechte in Norddeutschland

Die Geschichte spielte im ausgehenden 16. Jahrhundert. Das Kloster Corvey hatte nach und nach seinen Einfluß im Emsland verloren. Dem Benediktinerkloster waren jedoch einige Nutzungsrechte an Grundstücken (die sogenannten Gerechtsame) in Lathen (Emsland, Niedersachsen) verblieben. Die Gerechtsame ist eine veraltete Bezeichnung für eine Berechtigung, ein Nutzungsrecht, Privileg oder Vorrecht an etwas. Für diese Nutzungsrechte interessierten sich die emsländischen Edelleute (Junker) Arnold Schwenke und Rötger Kobrink. Der Abt von Corvey besaß einen Teil der Gerechtsame beim Tode eines Zinsbauern und einer Bäuerin und die jährliche Pacht vom Hof Ströhn. Außerdem erhielt er von den Junkern jährlich vier Gulden. Er bot ihnen nunmehr an, gegen Zahlung von 1.000 Reichstalern auf die vier Gulden zu verzichten und ihnen die Gerechtsame in Lathen als Lehen zu übertragen. Sozusagen ein Deal im ausgehenden Mittelalter unter Oligarchen.

Besser Kirche als Eigentümer als private Großgrundbesitzer

Als dieser Handel bekannt wurde, gab es Unruhe unter den Bauern. Sie fürchteten, der Willkür der Junker ausgesetzt zu werden. Bisher wußten sie, daß sie gemäß der Devise: “Unterm Krummstab ist gut leben“, einer berechenbaren Macht gegenüberstanden. In ihrer Not wandten sie sich an den Drosten und Marschall Hermann von Velen zu Velen, der als höchster Beamter des Fürstbischofs von Münster im Emsland residierte. Der Drost gab die Klagen der Bauern weiter an den Abt von Corvey, wobei er den klugen Kompromiss vorschlug, daß dieser den Bauern das Vorkaufsrecht einräumen möge. Aber alle Eingaben halfen nichts, denn die Verhandlungen waren bereits weit fortgeschrittene. So wurde am 24. März 1582 der Kaufvertrag zwischen dem Corveyer Benediktiner-Abt und den Junkern Schwenke und Kobrink unterschrieben.

Auf dem Hof des Bauern Johann Schulte, dem Schultenhof in Lathen, mußten sich die betroffenen Bauern versammeln. Vom Vertreter der Obrigkeit, dem Bauern Johann Schulte, wurden ausführlich über den Vertrag zwischen dem Corveyer Abt und den Junkern unterrichtet. Diese waren anwesend. Darin war angeordnet: „Alles, was wir an Gerechtsamen und Abgaben gehabt haben, soll den genannten Schwenke und Kobrink ohne Weigerung entrichtet werden.” Somit waren die Bauern endgültig den beiden Edelleuten ausgeliefert.

Nach Erledigung aller Formalitäten wurden die Bauern gefragt, ob sie eine Abschrift des Kaufvertrages haben wollten. Daraufhin zog sich Johann Schulte mit einigen Bauern zur Beratung zurück. Er machte sich zum Fürsprecher der Bauern und erklärte den Edelleuten kategorisch, daß sie mit dem Vertrag nichts zu tun hätten und daher auch keine Abschrift bräuchten. Die Junker glaubten nun, trotz dieser harschen Ablehnung, ein freies Spiel zu haben. Sie belasteten die Bauern derart mit Steuerforderungen, daß diese nicht mehr in der Lage waren, ihre Steuern pünktlich zu bezahlen. In zwei Fällen übertrieben sie sogar ihre Forderungen in einem unerhörten Maße: Syvert Pyper zu Ahlen sollte bei seiner Heirat eine Steuer von 160 Reichstalern und Achter Koop zu Sustrum, ebenfalls aus Anlaß seiner Heirat, eine Steuer in Höhe von 25 Reichstalern zahlen. Zur Zahlung einer solch hohen Summe waren beide nicht in der Lage. Es wurde dadurch klar, daß die Befürchtungen der Bauern wahr geworden und ihre Vorbehalte richtig gewesen waren.. Sie verlangten nunmehr, daß wegen dieser Steuerforderungen auf dem Schultenhof in Lathen ein Hofgericht abgehalten werden sollte. Ein solches Gericht war die unterste Instanz des Gerichts von Corvey. Aufgrund der Annahme, daß in Lathen unter Leitung von Johann Schulte, als Corveyer Hof Richter, keine Einigung zustandekommen würde, rechneten sie in der höheren Instanz mit einer Entscheidung gegen die Bauern.

Corvey-Abt / Pixabay

Bauer und Richter Schulte mauert und beraumt einfach keinen Termin an

Der Corvey-Abt und die emsländischen Edelmänner luden, da sie in Lathen keine Gerichtsverhandlung erreichen konnten, die Bauern Syvert Pieper aus Ahlen und Achter Koop aus Sustrum nach Corvey vor das Gericht. Dies war jedoch eine klare Rechtsverletzung, da man die unterste Instanz einfach übergangen hatte. Daher verbot der Fürstbischof von Münster als politischer Herr des Emslandes den beiden Bauern, in Corvey vor Gericht zu erscheinen. Der Gerichtstermin wurde trotzdem abgehalten. Es kam zu keinem Ergebnis, weil der Bischof von Münster sich massiv eingemischt hatte. Folglich mußte die ganze Angelegenheit wieder zurück nach Lathen in die unterste Instanz. Darauf pochten besonders Schwenke und Kobrink.

Den weiteren Verlauf beschrieb der emsländische Historiker Dr. H. Frerker: “Am Donnerstag, dem 30. 8. 1584, gegen 6 Uhr nachmittags, gingen die Junker Schwenke und Kobrink in Begleitung des Notars Hieronymus von Lohn zum Schultenhof in Lathen. Der Schulte war außerhalb des Dorfes bei der Arbeit. Als er erfuhr, daß die Junker etwas mit ihm besprechen wollten, spannte er seine Pferde ab und ritt heim. Er forderte die Junker auf, ihm in sein Haus zu folgen. Inzwischen kam Johann Lambers als erbetener Zeuge. Die Junker teilten dem Schulten mit, daß sie Sivert Pieper und Achter Koop wegen Verweigerung der Zahlung für eine ‚Einfahrt‘ verklagen wollten und forderten ihn auf, einen Gerichtstag zu bestimmen. Der Schulte erklärte, er habe mit diesen Dingen nichts zu tun. Im übrigen hätten die Junker ihm seine Gerechtsame verweigert: Sie hätten ihm den Sonntagsanzug eines verstorbenen Zinsbauern vorenthalten; ferner hätten sie ihn bei der Aufzeichnung des Nachlasses eines Zinsbauern nicht hinzugezogen, schließlich hätten sie vom Abt von Corvey jene Gerechtsame gekauft, die ihm (dem Schulten) und seinen Bauern zugestanden hätten. Einmal hätten sie ihn gezwungen, einen Gerichtstag abzuhalten. Das würde er nicht wieder tun. Er stünde unter dem Schutz des Marschalls von Velen, der ihm mitteilen würde, was zu tun sei.”

Daraufhin bemerkten die Junker recht energisch, daß der Schulte laut bischöflicher Anordnung in Lathen eine Gerichtsverhandlung abhalten müsse. Auch sei eine solche Verfügung vom Marschall von Velen an ihn ergangen. Der Schulte antwortete unbeirrt: „Das ist nicht wahr. In Meppen wurde nichts verlesen. Es wurde nicht gesagt, daß ein Gericht einberufen werden sollte.“ Vielmehr habe der Marschall von Velen angeordnet, daß die Beklagten Pieper und Achter Koop nicht die ungeheure Summe zu bezahlen hätten, sondern nur etwas Wein oder fünf Stüber in bar geben sollten. Als die beiden sahen und hörten, daß sie auf diese Weise nichts gegen den Schultenbauern ausrichten konnten, verfielen sie auf einen anderen Gedanken. Es sei nach alten Verträgen üblich, so meinten sie, daß in der Woche nach St. Galli (16. Oktober) ohnehin ein Hofgericht auf dem Schultenhof in Lathen abgehalten werden müsse. Aber auch davon ließ dieser sich keineswegs beeindrucken. Er antwortete kurz und bündig: “Ihr habt gekauft, was uns zusteht. Das wollen wir haben. Ich werde keinen Gerichtstermin ansetzen.” Dann wandte sich der Schulte brüsk um und ging murrend und fluchend in sein Haus. Zurück ließ er die beiden Junker, die wütend protestieren. Mit erhobenen Fäusten schrien sie ihm nach, daß er einseitig Partei ergriffen habe und daß er dies bedauern werde. Jener ließ sich nicht mehr blicken, und so zogen sie schließlich unter dem Gelächter der Umstehenden ab. Das war am 30. August 1584. Man kann vermuten, daß die beiden emsländischen Junker Schwenke und Kobrink auf Rache sannen. Aber über den Lathener Rebellen las man in den Geschichtsquellen fast nichts mehr. Es gab nur noch eine Eintragung über ihn, die Anlaß zu Spekulationen geben könnte. Einige Monate später, am 18. Dezember 1584, berichtet der Drost Hermann von Velen der Jüngere an den Bischof zu Münster, daß Johann Schulte in Lathen verstorben sei. Wurde er ermordet? Vergiftet? Oder starb er eines natürlichen Todes?

Van-Veelen-Anlage Papenburg / Pixabay

Johann Schulte – erfolgreicher Widerstand: Die Junker mußten aufgeben

Aber auch nach dem Tode von Johann Schulte gaben die Edelleute nicht auf. Sie bedrängten den Abt von Corvey, in Lathen endlich einen Gerichtstermin anzuberaumen. Mit seiner Festlegung wurde nun Lambert Schulte, der älteste Sohn des verstorbenen Johann Schulte, beauftragt. Aber er scheint nicht minder rebellisch und nicht weniger klug als sein Vater gewesen zu sein. Er schrieb an den Abt,, daß er sich wegen seines jungen Alters noch nicht befähigt sähe, eine Verhandlung zu leiten.

Die Dispute darüber gingen hin und her, wobei sowohl die Junker als auch der Abt und der Drost des Emslandes sich energisch um einen Gerichtstermin bemühten. Der kam erst am 29. Oktober 1585 zustande — über ein Jahr nach dem Vorfall mit Johann Schulte und seinem erfolgreichen Widerstand. Das Gericht fand im Beisein von Beamten und Räten des Bischofs von Münster und des Klosters Corvey statt. Die Leitung hatte der junge Lambert, der trotz seines jugendlichen Alters nunmehr das Richteramt angenommen hatte. Neue Gesichtspunkte ergab die Gerichtsverhandlung nicht. Die Junker mußten ihre Steuerforderungen aufgeben. Keineswegs damit einverstanden, zogen sie sich zähneknirschend zurück.

Noch ein paar Jahre gingen ins Land. Could you split the amount of 11695,00 Pound in half for IB Boarding Fees and half in school materials? Would you please change the previous invoices and future invoices. Schließlich kam ein Vertrag zustande. Sie kauften sich 1589 beziehungsweise 1590 von den Junkern das Land ab. Johann Schulte war wie ein Komet kurz in der emsländischen Geschichte aufgetaucht. Er leistete Widerstand gegen emsländische Adlige und gegen den Abt von Corvey, so daß diesen trotz aller Drohungen nicht in der Lage waren, die Anberaumung eines Gerichtstermins zu erzwingen.

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Der Immobilienexperte und Projektentwickler Thomas Friese, Berlin/ Oldenburg (Niedersachsen) ist einer Ausbildung im steuerlichen Bereich seit Mitte der siebziger Jahre im Bereich Immobilienentwicklung und Vermarktung tätig.

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